Weshalb benötigt eine Bataillonsführung taktisches und die Zug- und Gruppenführer überhaupt gefechtstechnisches Verständnis?
Innerhalb welcher Genieaufgaben könnten taktische Grundsätze zum Tragen kommen?
Diese beiden Grundfragen standen im Zentrum. Warum braucht ein Geniebataillon überhaupt Taktik? Ist unsere Funktion nicht einfach nur Brücken und Hindernisse zu bauen? Ganz gewiss nicht. Nicht mehr. Das hat sich mit der WEA geändert, als aus dem Kata Hi Bat ein G Bat wurde. In einem Geniebataillon ist nur 1/3 der Mannschaft mit dem eigentlichen Genieauftrag beschäftigt. Diese AdA benötigen aber Schutz, um ihren Genieauftrag erfüllen zu können, sodass der Rest den Eigenschutz stellt. Es kommt selten vor, dass im Ernstfall nur dort gebaut wird, wo weit und breit kein Gegner in die Quere kommt.
Folgende Folie, ist dem Bat Kdt besonders wichtig:
Das sind die taktischen Grundsätze, die verinnerlicht werden müssen. Sieht kryptisch aus, auf den ersten Blick, aber heruntergebrochen zeigt sich das wie folgt:
Es gibt die drei Tätigkeiten Verteidigung, Angriff und Sicherheit. Um die Sicherheit ist man während der beiden anderen Tätigkeiten immer bedacht – Verteidigung und Angriff sind jedoch immer voneinander abhängig. Um die Tätigkeit «Einfliessen in einen Raum» «Sicher» durchführen zu können, ist die Verteidigungsmassnahme «Inbesitznahme taktisch zusammenhängender Gelände» erforderlich.
Was jetzt so kompliziert klingt, ist eigentlich ganz einfach: Stellen wir uns vor, wir müssen in einen Einsatzraum (Eirm) gelangen, wo wir eine Brücke zu stellen haben: Wir rollen nicht direkt in den Eirm, sondern beziehen zuerst einen Bereitstellungsraum (Bstelrm), wo wir dann alle Geniemittel zusammenziehen und uns formieren können. Um diesen zu beziehen und zu sichern, müssen unsere Fahrzeuge VOR diesem Rm abgestellt und durch einen Drittel des Zuges bewacht und geschützt werden. Die restlichen zwei Drittel bilden zwei Gruppen, welche sich taktisch dem Bstelrm nähern, diesen sichern und allfällige Gebäude durchsuchen. Ist alles sicher, kann dieser Rm «genommen», die Fahrzeuge und später auch die restlichen Geniemittel nachgezogen werden. Von dort aus muss dann in einem nächsten Schritt in den Eirm gelangt werden. In unserem Szenario stellen wir uns vor, dass die Strasse, die zur (stellen wir uns eine Brückeneinbaustelle vor) Einbaustelle führt links und rechts Hügel hat, die den Blick auf den Eirm versperren. Auf dem linken Hügel steht ein Haus. Nun teilt der Zugführer seine Gruppen auf. Eine Gruppe sichert die Strasse mit einem Igel, während die anderen beiden Gruppen die Strasse entlang und die Hügel hinauf stossen. Erstmal auf dem Hügel, hat man den Überblick und kann besser reagieren. Das Haus muss durchsucht werden, um sicherzustellen, dass sich kein Gegner darin versteckt. Die «Inbesitznahme eines taktisch zusammenhängenden Geländes» ist nun abgeschlossen. Wir haben den Überblick und können auf Feindkontakt reagieren. Nun wird in den Eirm vorgestossen und mit dem Brückeneinbau beginnen. Diese ganze Aktion nennt sich «Einfliessen in den Raum».
Das ist nur eines der vielen Beispiele, wie man die taktischen Grundsätze auf die aktuelle Lage anwendet. Im Zusammenhang damit steht «Offenhalten». Eine der Aufgaben eines G Bat. «Achsen mit technischen und/oder taktischen Massnahmen offenhalten, um die eigene Bewegungsfreiheit zu gewährleisten». Was heisst das genau?
Erhält ein G Bat oder eine Sap Kp den Auftrag Achse “DACHS” offen zu halten, so ist das Bat und oder die Kp technisch wie aber auch taktisch in der Verantwortung gegenüber all jener eignen Kräfte welche die Achse zu passieren haben.
In einer ersten Phase ist die Achse zu erkunden. Alle neuralgischen Punkte sind festzuhalten und die Aufkl inkl Beobachtungsposten und die Eingreifreserve sind gem dem taktischen zusammenhängenden Gelände zu etablieren. Des Weiteren sind Flussübergänge und Engnisse auf ihre Kapazität zu prüfen. Allfällige Alternativen sind zu erarbeiten und oder festzuhalten.
In einer zweiten Phase werden Depots gebildet, damit umgehend auf Ereignisse reagiert werden kann. Sollte also ein Sabotageakt auf der Achse stattfinden, sind die Trümmer umgehend zu beseitigen, Strassen sind wieder instand zu setzen und Umfahrungen sind sicherzustellen. Selbstverständlich begleitet mit dem entsprechenden taktischen Schutz.
Taktische Grundsätze gelten auch während dem Brückenbau und dessen Betrieb: Die Flussseite, auf der wir mit unserem Material anrollen (diesseits), ist relativ einfach zu sichern. Danach muss aber auch sichergestellt werden, dass die Flussseite, die erreicht werden soll (jenseits), gesichert ist. Ein Brückenkopf muss gebildet, Mannschaft in Booten rübergeschickt werden (wo dann die «Inbesitznahme taktisch zusammenhängendes Gelände» wieder anwendet wird, wie vorher erklärt). Das ist natürlich immer von den vorhandenen Ressourcen abhängig. Auch während dem Betrieb einer Brücke muss vorgängig am Abspracherapport nebst den technischen Finessen und dem Ablauf auch das taktische Verhalten geklärt werden. Wer erbringt welchen Schutz zu welcher Zeit für welchen Abschnitt in welcher Form?
Verlassene Häuser liegen hinter einem idyllischen Flussbett. Weit entfernt von jeglicher Zivilisation und jeglichem Internetempfang. …(Nicht ganz, denn die Sap Kp 23/2 befindet sich in Wahrheit in Geh-Distanz zum Übungsdorf). In diesem werden heute Nachmittag wilde Gefechte stattfinden.
Der Sicherungszug der Stabskompanie versammelt sich in einem Daher und lauscht der Übungsbesprechung. Diese beinhaltet mehrere Durchläufe einer Hausdurchsuchung.
Als ich mich einem Gebäude nähere, sehe ich wie Gewehrläufe aus dem Fenster ragen und laute Schüsse ertönen. Da wird ein Soldat getroffen und dieser muss das Feld sofort verlassen. So sind die Regeln. Der Trupp rückt weiter vor und es gelingt eine Festnahme eines «gegnerischen Soldaten». Diesem werden sofort die Hände hinter dem Rücken gefesselt und er wird abgeführt. Augenblicklich ertönt die Stimme des Zugführers über das mitgeführte Funkgerät, welche das Ende des Durchlaufes verkündet.
Nach einer kurzen Taktik-Absprache werden zwei Trupps gebildet. Beide agieren unterschiedlich, um mögliche Gegner aufzuspüren. Nach dem Startschuss geht dann alles ziemlich schnell. Beide Gruppen schwärmen aus und mir gelingt es nur knapp mit der Kamera das Geschehen mitzuverfolgen. Überall steigt Rauch empor und die Luft wird rasch bedrückend. Die brennende Nachmittagshitze macht das Rennen und Abdecken ebenfalls nicht einfacher. Ich bin froh, muss ich nicht auch noch die Sim-Ausrüstung tragen.
Die Filmaufnahmen des PIO-Teams sind sehr actionreich geworden und wir hoffen, viel Material im diesjährigen WK-Film verwenden zu dürfen. Der Brückenbau wird hier natürlich nicht zu kurz kommen. Wir möchten uns noch einmal beim Zug bedanken für die tollen Stunts und den super Einsatz.
Es ist früh morgens, da liegen sie schon da: Die konzentrierten AdA der Sap Kp 23/2 und 23/3. Im 300m-Stand wird es für einen Augenblick ganz still. Der Zeigefinger zieht langsam den Druckpunktabzug nach hinten bis der Widerstand erreicht ist. 35 Newton (die Kraft, die gebraucht wird, um den Abzug voll zu betätigen) später hört man schon den schallenden Knall, der zum Glück durch den Pamir abgedämpft wird. Wir wollen ja nicht unser Gehör schädigen.
Das Kader führt Schuss um Schuss durch das Schiessprogramm, während die daliegenden Soldaten den Anweisungen Folge leisten… mustergültig! Die Resultate waren auch alles andere als schlecht – zumindest während wir anwesend waren.
«Schützen ich gebe das Schiessprogramm bekannt…» hiess es später in der KD-Box. Zeit, für das Geniebataillon 23, zu beweisen, dass sie nicht «nur» das Genie Handwerk beherrschen. Nach dem man die Brücke stellt, muss diese nämlich noch gesichert werden. Das kriegt man nur hin, wenn man mit dem «Chlöpfstäcke» ebenfalls ordentlich umgehen kann. Dass ein Genist nicht schiessen kann (und muss) ist ein Gerücht, dass man immer mal wieder hört. Dass das für uns nicht gilt und auch nicht stimmt, haben wir in der Ausbildung wieder einmal unter Beweis gestellt. Trotz der hohen Temperaturen und der prallen Sonne blieben unsere Jungs ganz konzentriert, während der Zug- oder der Gruppenführer hinter ihnen das Schiessen führte. Man spürte den Spass, aber auch den Respekt während der Ausbildung. Respekt, den man nie verlieren sollte, während man mit einer so effizienten Waffe wie unserem Stgw 90 umgeht.
Bevor es losgeht, werden verschiedene Fassungsdetachemente gebildet. Innert kürzester Zeit herrscht im Armeelogistikzentrum ein riesiges Gewimmel. Doch was auf den ersten Blick wie ein Hühnerstall anmutet, ist auf den zweiten Blick eine straff geführte Gruppe unserer AdA des G Bat 23, welche hochkonzentriert bei der Arbeit ist. Nach kurzen Instruktionen wissen dann auch schon alle, was sie zu tun haben. Das Fassen kann beginnen.
Fahrer schnappen sich schwere Fahrzeuge, die schon am ersten Tag wieder im Sattel sitzen, als wären sie nie weg gewesen. Das Schnurren des schweren Geräts lässt direkt wieder den Diesel im Blut aufkochen. Fahren können sie, unsere Motorfahrer (Motf) … Das wird vor allem dann sonnenklar, als hochpräzise aus dem ALC hinausmanövriert wird. Auf dem Weg nach draussen wird noch Material aufgeladen und alles gesichert, bevor es Vollgas (natürlich im Rahmen der Verkehrsregeln!) in Richtung Kompaniestandort geht.
Dass alle unter Strom stehen, merkt man ziemlich schnell. Vor allem wenn man sieht mit welcher Effizienz die einzelnen Fassungen ablaufen. Selbst die vielfach gefürchtete Kaffeepause der LBA-Mitarbeiter, die normalerweise alles zum Erliegen bringt, kann uns da nicht aufhalten. Für die Planung dieser Materialschlacht verantwortlich war der Mann der Stunde. Die Mobilmachung (und in der letzten Woche die WEMA) ist genau seine Zeit: Hptm Benjamin Aebischer, seines Zeichens S4 (Stabsoffizier verantwortlich für die Logistik), hat den Film, den Ablauf immer präsent und im Kopf. Mit klaren Instruktionen wird tonnenweise Material verschoben. Zufrieden, aber doch manchmal etwas angespannt, pendelt sein Gemüt zwischen kompletter Ruhe und kurz vor Wutausbruch. Schon viel besser als letztes Jahr, meint er – jedes Jahr ein bisschen besser. Weiter so!
Die Mobilmachung hat begonnen, das Material wird gefasst. Sogar die ersten Ausbildungen laufen schon und die Kompaniestandorte werden fertig eingerichtet. An diesem heissen Montag geht es los mit dem WK 2019!
Live dabei: Sdt Severin Kilchhofer, Mitarbeiter im PIO-Team erlebt zum ersten Mal ein Gefechtsexerzieren. Hier sein Erlebnisbericht.
Grosse Nebelschwaden ziehen über das raue Gelände des Schiessplatzes Hintere Au. Im epischen Nebel sind motivierte Unteroffiziere zu sehen. Langsam nähere ich mich dem Geschehen und halte meine Kamera bereit. Heute wird hier nämlich das Gefechtsexerzieren stattfinden.
Nach einer knackigen Repetition von Oberleutnant Odermatt kann das Exerzieren beginnen. Zwei Gruppen werden gebildet, welche nun auf dem Hügel am Waldrand gedeckt und getarnt entlangschleichen. Plötzlich ist ein lautes «Peng, Peng» zu hören. Wie aus der Pistole geschossen, verschwinden die beteiligten Kader in den nächsten Schützengraben. «Peng, Puff, Paff» höre ich aus den Gräben und auf einmal befinde ich mich mittendrin in einem theatralisch inszenierten Gefechtsschiessen.
Es wird gerannt, gerobbt und gezielt. Immer und immer wieder. Langsam perlen die ersten Schweisstropfen über die Gesichter und leichtes Keuchen ist zu hören.
Aus der Vogelperspektive, sehen die Manöver immer ausgeklügelter und gekonnter aus. Es ist bereits Nachmittag und noch keine Patronenkugel wurde in die Freiheit entlassen. Die letzte Probelektion sieht dann schon richtig professionell aus und man spürt nicht, dass die Kader schon den ganzen Tag herumgerannt sind.
Nach der langen Übungsphase wurde dann doch scharf geschossen und der Gegner wurde eindrücklich vernichtet. Irgendwie bin ich erledigt vom gebannten Zuschauen und beruhige mich mit dem Wissen, dass der Gegner eine Papierscheibe ist.